Reichweite Elektroautos: Wie weit fahren sie?
Die Reichweite ist bei Elektroautos ein Kaufargument. Wie wird sie berechnet? Ist sie realistisch? Wie komme ich weiter? Der Comparis-Reichweitencheck.

09.12.2024

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1. Wie wird die Reichweite gemessen?
Die Reichweiten-Messung von Elektroautos erfolgt mit dem sogenannten «WLTP»-Verfahren. WLTP steht für Worldwide Harmonised Light-Duty Vehicles Test Procedure.
Das ist ein Test unter Laborbedingungen. WLTP-Tests gibt es für Verbrenner wie auch für Elektroautos. Sie unterscheiden sich aber aufgrund der unterschiedlichen Messtechnik leicht voneinander.
Elektroauto: Tatsächliche Reichweite vs. WLTP-Reichweite
Die WLTP-Reichweite ist meist höher als die tatsächliche Reichweite. Gemäss TCS müssen Sie für die tatsächliche Reichweite durchschnittlich ungefähr 5 Prozent von der WLTP-Reichweite abziehen. Der Test des ADAC zeigt noch grössere Abweichungen.
Die Differenzen zwischen den WLTP- und tatsächlich gemessenen Reichweiten sind zudem je nach Fahrzeug und Fahrweise unterschiedlich stark ausgeprägt.
Gut zu wissen: Die Durchschnittstemperatur in der Schweiz ist tiefer als die Temperatur beim Test. Das erklärt ein Stück weit die Unterschiede zwischen den im Test ermittelten Reichweiten und den tatsächlich gemessenen Reichweiten bei Elektrofahrzeug.
In Europa müssen Autos doppelt durch den Test. Der erste Test findet bei einer genormten Temperatur von 23 Grad Celsius statt. Der zweite Test bei 14 Grad Celsius.
Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 131 Kilometern pro Stunde. Im Durchschnitt beträgt die Testgeschwindigkeit 46,5 Kilometer pro Stunde.
Nebenverbräuche wie Heizung und Klimaanlage sind beim Test ausgeschaltet.
Der Test folgt einem bestimmten Ablauf bei vorgegebenen Geschwindigkeiten. Insgesamt dauert er 30 Minuten und die simulierte Strecke entspricht einer Distanz von rund 23 Kilometern.
Bei Elektroautos wird beim Aufladen nach dem Test die verbrauchte Energiemenge gemessen. So wird der Verbrauch berechnet.
Bei Elektroautos werden noch zwei zusätzliche Tests durchgeführt: einer mit voller und einer mit fast leerer Batterie. Der Grund: Das Fahrzeug hat je nach Ladestand einen anderen Verbrauch. Bei vollem Akku ist ausserdem die sogenannte Rekuperation nicht möglich – also die Rückgewinnung von Energie durch Bremsen oder Verzögern.
Für die Messung von Emissionen bei Verbrennern erfolgt zusätzlich eine Testfahrt auf der Strasse.
2. E-Auto-Reichweite: Liste beliebter Fahrzeuge
Beim Testen orientiert sich der ADAC am WLTP-Test. Er fügt aber noch einen zusätzlichen Autobahnabschnitt zum Test hinzu. Den Verbrauch von Elektroautos berechnet der ADAC am nach dem Test geladenen Strom.
3. Was beeinflusst die maximale Reichweite von Elektroautos?
Unter anderem beeinflussen diese Faktoren die Reichweite:
In erster Linie definieren die Eigenschaften des Autos selbst die mögliche Reichweite.
Ein elementarer Faktor ist dabei die Batterie: Eine Batterie mit mehr Kilowattstunden ermöglicht in der Regel eine höhere Reichweite als eine kleinere, leistungsschwächere Batterie. Grössere, leistungsstarke Batterien haben dafür ein höheres Gewicht, was den Reichweitenvorteil wiederum etwas mindern kann.
Beeinflusst wird die Reichweite auch durch:
Stromverbrauch des Motors: Je mehr Strom der Elektromotor verbraucht, desto niedriger ist die Reichweite.
Bauweise des Autos: Mit einem aerodynamisch gebauten Auto haben Sie einen geringeren Luftwiderstand. SUVs haben z. B. einen höheren Verbrauch als Kompaktlimousinen.
Alter der Batterie: Mit der Anzahl der Ladezyklen reduziert sich allmählich die Ladekapazität der Batterie.
Das Wetter und andere Bedingungen beeinflussen, wie weit Sie mit Ihrem Elektroauto kommen. Bei Regen und kalten Temperaturen verringert sich die Reichweite von Elektroautos. Und Sie brauchen etwa in den Bergen mehr Energie als auf flachen Strassen.
Dasselbe gilt auch für Verbrenner-Autos. Bei Regen ist zum Beispiel der Widerstand auf der Strasse höher. Bei niedrigen Temperaturen verbraucht etwa die Heizung zusätzliche Energie.
Bei Hitze gilt: Die notwendige Kühlung von Auto und Akku drosselt die Reichweite. Eine Gefahr der Überhitzung besteht bei modernen Fahrzeugen jedoch kaum.
Sie verfügen über Thermomanagement-Systeme, die die Batterie vor Überhitzung schützen. Dennoch können extreme Temperaturen die Leistung vorübergehend reduzieren oder die Ladezeiten verlängern, um die Batteriechemie zu schonen.
Wie Sie fahren, hat einen grossen Einfluss auf die Reichweite. Gleichmässiges und vorausschauendes Fahren bringt Sie weiter als hektisches Fahren und abruptes Bremsen.
Ausserdem verbraucht ein Auto bei hoher Geschwindigkeit mehr Energie. So vervierfacht sich zum Beispiel der Luftwiderstand bei Verdoppelung der Geschwindigkeit. Auch braucht ein voll geladenes, schweres Auto mehr Energie als ein leeres.
Schliesslich beeinflussen der Reifendruck und die Reifen die Reichweite. Sowohl ein zu niedriger als auch ein zu hoher Reifendruck erhöhen den Verbrauch.
Passende Reifen für das E-Auto können die Reichweite erhöhen. Achten Sie beim Kauf der Pneus auf die Energieetikette. Je nach Aerodynamik können auch die Felgen die Reichweite beeinflussen.
Elektroautos und Hybridautos können durch die sogenannte Rekuperation die Reichweite optimieren. Das System wandelt Bremsenergie in Energie für die Batterie um.
In den in Elektroautos verbauten Akkus erfolgen chemische Reaktionen in einer flüssigen Elektrolytlösung. Hersteller forschen im Moment aber an Feststoff-Akkus, die verschiedene Vorteile bieten:
Die Lebensdauer ist höher. Feststoff-Akkus können bis zu 100’000 Ladezyklen erreichen. Die Lebensdauer der derzeit verbauten Lithium-Ionen-Akkus liegt lediglich bei 1’500 Ladezyklen.
Sie können sich nicht selbst überhitzen. Ausserdem sind sie nur schwer brennbar.
Feststoff-Batterien können bei gleichen Volumen bis zu 30 Prozent mehr Energie speichern. Das heisst: Bei gleicher Grösse haben die Akkus eine höhere Reichweite.
Die Ladezeit von Feststoff-Akkus wird vermutlich niedriger sein als die von Lithium-Ionen-Akkus.
In China gibt es bereits mehrere Elektroautos mit angegebenen Reichweiten von 1’000 Kilometern. Die Reichweiten basieren auf dem chinesischen Testverfahren CLTC. Es gelten allerdings andere Messbedingungen als beim WLTP-Test, da der CLTC auf chinesische Verhältnisse angepasst ist.
4. E-Auto-Reichweite im Winter
Die Reichweite eines Elektroautos ist im Winter meist niedriger – bei Minusgraden bis zu 50 Prozent. Bei kurzen Fahrten kann der Verbrauch durch die Energie fürs Aufheizen noch höher ausfallen. Winterreifen führen zusätzlich zu einem höheren Energieverbrauch. Allerdings: Auch Verbrenner-Autos verbrauchen im Winter mehr Energie.
Eine passende Temperatur ist demnach entscheidend für eine möglichst hohe Reichweite. Batterien arbeiten am besten zwischen 20 und 40 Grad Celsius.
Wie kann ich im Winter die Reichweite meines E-Autos erhöhen?
Heizen Sie das Auto und die Batterie idealerweise, solange es noch am Stromnetz hängt. So wird die Heizenergie zunächst noch nicht der Antriebsbatterie entnommen.
Stellen Sie die Temperatur des Innenraums möglichst niedrig ein.
Nutzen Sie Sitzheizung, Lenkradheizung und die Heizdrähte in der Windschutzscheibe. Sie arbeiten effizienter als die Luftheizung.
Wärmen Sie die Batterie des Autos vor dem Laden auf, falls möglich. Denn: Besonders das Schnellladen dauert mit kalter Batterie länger. Einige Autos mit Navigationssystem starten die Akkuheizung automatisch vor Erreichen eines eingeplanten Ladestopps.
Parkieren Sie in einer Garage, falls möglich. So kühlt der Akku weniger stark ab. Parkieren Sie im Freien bei milden oder tiefen Temperaturen in der Sonne statt im Schatten.
Nutzen Sie Winterräder mit kleineren Felgen und schmaleren Reifen. Diese Kombination reduziert Gewicht und Rollwiderstand, wodurch die Effizienz des Fahrzeugs steigt.
5. Tipps: So erhöhen Sie die Reichweite
Mit diesen Tipps kommen Sie mit Ihrem Elektroauto etwas weiter:
Nutzen Sie die sogenannte Rekuperation. Damit erzeugen Sie beim Bremsen Energie, die in die Batterie zurückgeleitet wird. Beachten Sie dabei:
Aktivieren Sie in der Stadt die härteste Rekuperationsstufe. Denn: Im stockenden Stadtverkehr erzeugt das häufige Bremsen viel Energie.
Je stärker die Rekuperation, desto höher ist der Verschleiss der Reifen an den Antriebsrädern.
Rekuperation funktioniert nicht bei vollgeladener Batterie.
Passen Sie Ihren Fahrstil an:
Fahren Sie gleichmässig und vorausschauend.
Beschleunigen Sie moderat. Das braucht weniger Energie.
Lassen Sie Ihr Fahrzeug rechtzeitig ausrollen. Das wird auch segeln genannt. Es ist ähnlich wie das Ausrollenlassen im Leerlauf bei einem Verbrennerauto.
Nutzen Sie auf der Autobahn den Tempomat. Das hilft, eine konstante Geschwindigkeit beizubehalten und den Energieverbrauch zu kontrollieren.
Fahren Sie mit einem gemässigten Tempo. Denn: Höhere Geschwindigkeit führt zu erhöhtem Luftwiderstand und höherem Verbrauch.
Nutzen Sie den Eco-Modus des Autos. Das reduziert künstlich die Leistungsspitzen des Motors.
Wählen Sie schon beim Autokauf das passende Auto. Je schwerer und klobiger das Auto, desto höher der Verbrauch.
Vermeiden Sie unnötigen Stromverbrauch durch Heizung und Klimaanlage, falls möglich.
Achten Sie auf die richtigen Reifen und den empfohlenen Reifendruck.
Transportieren Sie kein unnötiges Gepäck.
Dieser Artikel wurde erstmals produziert am 19.06.2024