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Ein Strafbefehl kostet im Aargau zehnmal mehr als in Neuenburg

Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 20 km/h müssen Autolenkende mit Strafbefehlsgebühren zusätzlich zur Busse rechnen. Hier bestehen aber beträchtliche Unterschiede. Je nach Kanton beträgt die Gebühr zwischen 50 und 500 Franken. Das zeigt eine Analyse des Vergleichsportals Comparis.

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Donja Bernet

11.11.2021

Strafbefehlsgebüren in verschiedenen Kantonen

iStock / BrianAJackson

1.Worum geht es?
2.Die wichtigsten Erkenntnisse
3.Das hat uns überrascht
4.Das sagt der Comparis-Experte
5.Die Ergebnisse auf einen Blick
6.Das sagen andere über unsere Studie

Worum geht es?

  • Wer innerorts bei maximal erlaubten 50 km/h 20 km/h zu schnell fährt, muss je nach Kanton mit einer Busse von 400 bis 450 Franken rechnen.

  • Doch bei diesen Gebühren bestehen zwischen den Kantonen beträchtliche Unterschiede. Die kleinste Gebühr erhebt der Kanton Neuenburg (50 Franken). Am meisten verlangt hingegen der Kanton Aargau (500 Franken).

  • Das Kostendeckungsprinzip wird dabei nicht erfüllt.

Die wichtigsten Erkenntnisse

Die Höhe der Bussen liegt in allen Kantonen nahe beieinander. Doch die zusätzlich anfallenden Gebühren für die Bearbeitung des Deliktes klaffen weit auseinander. Gerechtfertigt wird die Höhe der Busse mit dem Kostendeckungsprinzip. Dieses besagt, dass die Beiträge die gesamten Kosten des betreffenden Verwaltungszweigs nicht übersteigen dürfen. Allerdings werde im Fall Aargau eine hundertprozentige Kostendeckung weder im Einzelfall noch in der Summe erreicht, teilt der zuständige Kommunikationsdienst mit.

Das hat uns überrascht

Die Staatsanwaltschaften von Genf und Bellinzona geben auf wiederholte Anfrage von Comparis keine Auskunft. Beim Strafbefehlsverfahren ist der klagende Staatsanwalt gleichzeitig der Richter. Im Strafbefehlsverfahren werden also strafrechtliche Urteile durch Verwaltungsangestellte und nicht durch die Justizbehörden durchgeführt. Eine solche Art von Rechtsprechung setzt hohes Vertrauen der Bevölkerung in die Beamtenschaft, aber auch Bürgernähe der Verwaltung voraus. «Intransparenz und mangelnde Nähe zur Bevölkerung sind Gift für ein solches Rechtssystem», so Hug. Umso bedenklicher stufen wir es ein, dass die zuständigen Behörden in Genf und Bellinzona auf die wiederholte Anfrage von Comparis zu den Gebühren bei Geschwindigkeitsübertretungen nicht reagiert haben», sagt der Gebührenexperte.

Das sagt der Comparis-Experte

«Mit den Verfahrenskosten alleine lassen sich die enormen Unterschiede bei den Strafbefehlsgebühren nicht rechtfertigen», kritisiert Comparis-Gebührenexperte Leo Hug. Und weiter: «Bei den Bussen gleichen sich die Kantone untereinander ab. Doch bei den Gebühren führen sie sich wie Königreiche auf», stellt Hug fest. «Ich verstehe nicht, wie für das gleiche Vergehen gegen das gleiche Gesetz bei einer praktisch gleich hohen Busse an einem Kantonshauptort zehnmal höhere Strafbefehlsgebühren erhoben werden können. Anstelle interkantonaler Koordination herrscht Willkür», so Hug.

Die Ergebnisse auf einen Blick

Die tiefsten Strafbefehlsgebühren werden in Neuenburg (50 Franken), Lausanne (60 Franken) und Sitten (67 Franken) erhoben. Die höchsten in Aarau (500 Franken), Schaffhausen (450 Franken) und Zürich (430 Franken). 300 Franken und mehr betragen die Gebühren zudem auch in Luzern (370 Franken), Appenzell (350 Franken), Chur (340 Franken) und Glarus (300 Franken).

Strafbefehlsgebühr